Für Klimaschutz sind die Anderen zuständig
wir./bitkom. WIESBADEN / BERLIN. Spätestens seit dem fulminanten Abschneiden der Grünen bei der Europawahl wird wieder verstäkt über Klimaschutz diskutiert und dafür demonstriert. Wenn man sich umschaut, was die Demonstranten konkret dafür tun, fällt die Bilanz ernüchternd aus: Weiterhin Kaffee aus Einwegbechern trinken, weiterhin zum Shoppen in die Türkei fliegen, weiterhin Kleidung nach einmaligem Tragen wegwerfen, weiterhin stromfressende elektronische Geräte Tag und Nacht am Netz halten. Gut. Strom wird gebraucht. Man könnte ja Ökostrom aus regionalem Anbau nutzen. Aber auch das kommt für etwa die Hälfte der Bevölkerung nicht in Frage. Etwas mehr als jeder Zweite (56 Prozent) möchte Strom direkt von einem Zusammenschluss von Betreibern kleinerer Solarstrom-Anlagen beziehen, wie der Digitalverband BITKOM herausgefunden hat. Das zeigt: Für Klimaschutz sind immer nur die Anderen zuständig.
Für das Gelingen der Energiewende ist mehr Flexibilisierung im Stromsystem von entscheidender Bedeutung. Nur wenn die Stromnachfrage dem schwankenden Stromangebot durch Wind und Sonne angepasst wird, lässt sich Netzstabilität garantieren. Doch bei den Bundesbürgern fehlt es noch an der Bereitschaft, die neuen Möglichkeiten auch zu nutzen. Gerade einmal jeder Dritte (37 Prozent) kann sich vorstellen, ein Elektroauto so in das Stromversorgungssystem einzubinden, dass ein gesteuertes Laden und die Batterie dabei helfen, das Stromnetz zu stabilisieren. Etwas mehr als jeder Zweite (56 Prozent) möchte Strom direkt von einem Zusammenschluss von Betreibern kleinerer Solarstrom-Anlagen beziehen. Und immerhin zwei Drittel (66 Prozent) der Befragten würden Geräte wie elektrische Heizungen oder Kühlgeräte automatisch so steuern lassen, dass das Stromnetz stabilisiert wird und Ressourcen geschont werden. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage unter 1.003 Bundesbürgern ab 16 Jahren im Auftrag des Digitalverbands Bitkom. „Strom kommt künftig nicht einfach aus der Steckdose. Die Verbraucher sind nicht mehr nur Kunden, sondern sie sind wichtiger Teil des Energiesystems. Dank der Digitalisierung bedeutet dieses Umdenken keine Komforteinbußen“, sagt Robert Spanheimer, Energieexperte beim Digitalverband Bitkom. „Durch die flexible Anpassung des Stromverbrauchs – z.B. indem Haushalte bei Bedarf ihre Stromnachfrage kurzfristig steigern oder Verbraucher abschalten – können sie einen wichtigen Beitrag leisten, Angebot und Nachfrage in Einklang zu bringen und so die Netzstabilität zu sichern.“
Der Vorteil für die Bürger können dabei Tarife sein, die netz- und systemdienliches Verhalten beim Stromverbrauch belohnen, etwa beim Laden von Elektrofahrzeugen oder beim Heizen. Dazu ist aber eine digitale Infrastruktur für das Energiesystem notwendig, etwa intelligente Stromzähler. „Anfang des Jahres hat das erste Smart Meter Gateway die Zertifizierung für eine hochsichere Kommunikation und Datenverarbeitung durch das Bundesamt für Informationssicherheit erhalten. Nun müssen die Voraussetzungen für die breite Anwendung der intelligenten Zähler für neue Angebote rund um Mobilität und Gebäudeautomatisierung geschaffen werden“, so Spanheimer. „Beim Smart Meter Rollout hat die Bundesregierung einen Ansatz gewählt, der das Thema IT-Sicherheit als zentrale Zielgröße ins Visier genommen hat. Dieses richtige Ziel hat in der Umsetzung bereits mehrere Jahre in Anspruch genommen. Ein verbessertes Projektmanagement in der Abstimmung zwischen Behörden und der Branche ist Voraussetzung, dass der beginnende Smart Meter Rollout ein Erfolg wird.“ Mit Blick auf eine intelligente Ladeinfrastruktur für Elektroautos verweist Bitkom auf die großen Chancen der Technologie. Spanheimer: „Mit einer intelligenten Ladeinfrastruktur können in Wohngebieten drei Mal so viele Elektroautos versorgt werden, ohne neue Stromkabel verlegen zu müssen. Ein digitalisiertes Verteilnetz kann automatisch Netzengpässe an die Ladesäulen kommunizieren und die Wünsche der Verbraucher berücksichtigen. Maschinelles Lernen macht’s möglich.“
Bitkom hat eine Reihe von Vorschlägen zur „Flexibilisierung im Stromsystem“ in einer Stellungnahme zusammengefasst, die zum Download bereitsteht: https://www.bitkom.org/Bitkom/Publikationen/Flexibilisierung-im-Stromsystem
Foto: Peter Gaß. Wenn Sie Näheres über die urheberrechtlich geschützten Fotos wissen möchten, wenden Sie sich an die Redaktion dieser Website. Die Kontaktdaten können Sie dem Impressum entnehmen.
Einleitung: Peter Gaß
Text: Bitkom e.V., Pressemitteilung vom 15. März 2019. Hinweis zur Methodik: Grundlage der Angaben ist eine Umfrage, die Bitkom Research im Auftrag des Digitalverbands Bitkom durchgeführt hat. Dabei wurden 1003 Bundesbürger ab 16 Jahren telefonisch befragt. Die Fragestellung lautete „In der Energieversorgung gibt es viele neue Akteure, wie z.B. Photovoltaikanlagenbesitzer und Speicherbetreiber. Digitale Plattformen schaffen für diese Unternehmen einen Markt. Bitte sagen sie mir, inwieweit sie künftig bereit wären, folgende Angebote zu nutzen.“ Die Umfrage ist repräsentativ für die Gesamtbevölkerung.
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